Wolf, Wertschätzung und das Wirken Raiffeisens

Der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler, bereiste gestern mit einer Delegation von Kammervertretern sowie Vertretern des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau den Westerwald. Auf den Stationen in Strauscheid, Kreis Neuwied, Flammersfeld und Weyerbusch, Kreis Altenkirchen, standen neben der „Altenkirchener Erklärung“, landwirtschaftlicher Wildhaltung und Friedrich Wilhelm Raiffeisen auch die Probleme mit dem Wolf und die verheerende Dürre, insbesondere im Westerwald, auf dem Programm.

Beim Treffen mit dem Landrat des Landkreises Altenkirchen, Michael Lieber, im Raiffeisen-Begegnungs-Zentrum Weyerbusch lobte Kammerpräsident Schindler ausdrücklich die im Juni vom Kreistag einstimmig verabschiedete „Altenkirchener Erklärung“. „Sie sind der erste Landkreis in Rheinland-Pfalz, der sich in dieser Erklärung intensiv mit der Landwirtschaft und der Situation der Landwirte in ihrer Region beschäftigt“, sagte Schindler. „Es bleibt zu hoffen, dass viele Landkreise diesem Beispiel folgen.“ Landrat Lieber betonte, dass es stets einen engen Kontakt zu den Landwirten gebe. „Wir müssen in der Öffentlichkeit noch mehr Wertschätzung für unsere Bauern erreichen. Unsere Erklärung ist dafür ein erster Schritt.“ Dass den Worten der Erklärung auch zeitnah Taten folgen, zeigte Sebastian Dürr, Geschäftsführer der LAG Westerwald-Sieg, auf: „Wir starten Anfang des kommenden Jahres eine Kampagne, in der wir Verbraucheraufklärung betreiben. So wird es unter anderem einen Film und ein Pixibuch geben, das Kindern die Landwirtschaft näherbringt.“ Es sei eine Entfremdung passiert, so Dürr. Man nehme nur noch die Skandale wahr. „Dem wollen und müssen wir entgegenwirken.“ Auch die Kreisvorsitzenden des Bauern-und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Rudolf Groß, und Ökonomierat Heribert Metternich, begrüßten die Erklärung und hoben hervor, dass man verpflichtet sei, die Landwirte zu unterstützen.
Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper, erklärte, es sei wichtig, die Tierhalter zu stärken. „Hier müssen wir tätig werden, sonst gehen die jetzigen Strukturen immer weiter verloren.“ Beim Thema Dürre, von der die Landwirte im Westerwald besonders betroffen sind, bemühe man sich weiterhin, etwas beim Land Rheinland-Pfalz zu erreichen. „Das Land hat sich am Programm der Dürrehilfe nicht beteiligt. Aber daraus wäre ohnehin nicht viel Unterstützung zu erwarten gewesen“, ist sich Horper sicher. „Wir werden aber nicht müde, unsere Forderung nach finanzieller Hilfe für unsere Bauern in Mainz vorzubringen.“

Der Wolf ist nicht gewollt
Nicht fehlen durfte sowohl in Weyerbusch als auch in Strauscheid bei Damtierhalter Matthias Eul die Wolfsproblematik, die im Westerwald besonders groß ist. „Der Wolf ist hier ein riesiges Problem. Er wird zivilisiert“, sagte der Kreisbauernvorsitzende Neuwied, Ulrich Schreiber. Michael Horper brachte die Meinung aller aus dem Berufsstand Anwesenden auf den Punkt: „Wir wollen den Wolf nicht! Die Gesellschaft muss sich entscheiden, ob sie Nutztierhaltung mit hochwertigen regionalen Produkten haben möchte oder die Ansiedlung des Wolfes.“ „Diese klaren Worte richten wir in erster Linie an Umweltministerin Ulrike Höfken“, ergänzte Kammerpräsident Schindler.
Auch für Matthias Eul, der 90 Damtiere hält und der Vorsitzende des Wildhalterverbandes „Damwild farming mitte-west e.V.“ ist, stellt der Wolf ein Problem dar: „Die Ängste sind groß und begründet, weil es in unserem Kreis bereits Wolfsrisse gegeben hat.“ Eul erläuterte die landwirtschaftliche Wildhaltung, die Vermarktungswege und die Vorteile der Verbandsmitglieder. So bietet „Damwild farming mitte-west“ etwa Beratung und Fortbildungen an. „Viele Landwirte besitzen Flächen, die sie zur Damwildhaltung nutzen könnten. Der Wildmarkt ist sehr interessant“, so Eul. Ab einem Hektar Fläche sei eine Nutzung möglich. Thematisiert wurden auch die Zusammenarbeit des Verbandes und der Landwirtschaftskammer sowie die Finanzierung der Verbände, aus der sich das Land herausziehen möchte. Hier richteten die Anwesenden den Appell nach Mainz, sich weiterhin einzubringen. Michael Horper: „Es ist unverständlich, dass die Kammer nun die Kosten tragen soll. In der Politik möchte man Grünland haben, aber dann drängt man die Tierhaltung durch solche Maßnahmen zurück. Das passt nicht zusammen.“     
   
Praktiker statt Prediger

Während des dritten Programmpunktes im Westerwald informierte der ehemalige VG-Bürgermeister Flammersfelds, Josef Zolk, im Raiffeisenhaus Flammersfeld über das Leben Friedrich Wilhelm Raiffeisens. Er ging auf die Person Raiffeisen und seine Genossenschaftsidee ein, machte jedoch auch die Wurzeln und die Basis von Raiffeisens Wirken deutlich. „Dies ist nämlich die Landwirtschaft“, bemerkte Zolk. „Im Jahr 1849 gründete er zusammen mit 60 wohlhabenden Bürgern den ‚Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unmittelbarer Landwirthe“.“ Dieser sollte den zu teuren Verkauf von Rindern auf Kredit unterbinden. „Innerhalb von fünf Jahren vergab der Verein 507 Darlehen in Höhe von insgesamt 11.735 Talern“, so Zolk, der großen Anteil daran hat, dass die Genossenschaftsidee als erster deutscher Beitrag 2016 durch die UNESCO in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbe der Menschheit aufgenommen wurde. „Uns war es wichtig, Raiffeisen gerade im Jubiläumsjahr näher kennen zu lernen. Mit Josef Zolk hätten wir keinen Besseren für dieses Thema finden können. Er lässt mit seiner Art Raiffeisen noch einmal lebendig werden“, sagte Schindler. „Man kann jedem eine Führung hier nur empfehlen.“ Vor allem nehme er ein Zitat Raiffeisens von der Westerwaldbereisung mit nach Hause, betonte Schindler: „Prediger haben wir genug, wir brauchen Praktiker.“  

Die Landwirtschaftskammer führt immer wieder Regionalbesuche mit Vertretern des Berufsstandes in Rheinland-Pfalz durch, um mit den Menschen in den Regionen direkt in Kontakt zu kommen.